So wie es aussieht, werden wir auch die nächsten Sonntag noch dieses sehr eigenartige COVID-19-Gottesdienstprogramm zu Hause erleben.
Das Angebot an Online- und Fernsehgottesdiensten verschiedenster Form ist groß! Vom Lifestream, über Youtube-Filme bis hin zu kleinen schriftlichen Gottesdiensten über Social-Media-Formen. Andere schauen einen Fernsehgottesdienst und rufen sich währenddessen oder nachher an, um darüber zu reden und gemeinsam zu beten… Großartig!
Vielleicht sind Sie aber auch alleine und wissen nicht, wie Sie diesen Sonntag zum Sonntag machen sollen. Dann nehmen Sie sich doch ein paar ruhige Minuten und denken Sie über diesen Sonntag nach:
Der Sonntag heute nennt sich „Judika“. Im Kirchenjahr hat jeder Feiertag irgend einen Namen. Manche sind verständlich, andere sind erklärungsbedürftig. Die Sonntage der Passionszeit (= die Wochen vor Ostern) leiten Ihre Namen fast alle aus Psalmversen ab – allerdings nach der lateinischen Übersetzung. „Judika“ stammt aus Psalm 43,1 und bedeutet „Schaffe Recht!“. Eine Bitte an Gott, einzuschreiten und Ungerechtigkeiten abzustellen.
Gott handelt nach dieser Bitte. Er hat seinen Sohn Jesus Christus in diese Welt voller Ungerechtigkeiten ausgeliefert. Er ist nicht weit weg auf „Wolke 7“ geblieben, sondern hat sich selbst in Jesus mitten hinein begeben in die typisch menschlichen Wirrungen um Macht, Geltung, Rechthaberei und Ellenbogenmentalität.
Doch Jesus hat diese Ungerechtigkeiten alle ins Leere laufen lassen. Gott hat durch Jesus diese Dinge überwunden. Er hat sich durchgesetzt, mit Hingabe, Liebe und Leidenschaft für die Menschen! Er hat ungerechtes Machtdenken auf den Kopf gestellt. Daran erinnert der Wochenspruch an diesem Sonntag: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lassen, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.“ Mk 10,45
Verkehrte Welt? Nein: Zurechtgebrachte Welt. Neu ausgerichtete Welt!
Schon kennzeichnend, dass diese Aussage von Jesus gerade auf einen Streit seiner eigenen Jünger folgt, die für sich die Exklusivplätze bei Jesus sichern wollen. (Siehe: Mk 10,35-45 ) Auch spannend, dass im Predigttext für heute (Siehe: Hebr 13,12-14) betont wird, dass Jesus für diese Neuausrichtung bestehende Formen und Strukturen verlässt. Nicht auf „Bleibendes“ verlassen wir uns, sondern auf das „Zukünftige“ setzen wir.
Jesus schafft neue Ordnungen, neues Recht – aber mal so ganz anders!
In diesen Tagen wird so vieles durch die COVID-19-Maßnahmen durcheinander gewürfelt. Ein Ende ist noch nicht wirklich abzusehen. Bislang anscheinend unabdingbare Formen und Veranstaltungen fehlen plötzlich. Manche Planung zerbricht. Manche Struktur und manche Organisation kommt ins Wanken… Sogar wildeste und abstruseste Verschwörungstheorien machen die Runde und es wird nach Schuldigen gesucht.
Umso mehr möchte ich Gott bitten: „Judika! Schaffe Recht! Zeig uns, was jetzt wirklich dran ist. Und ich will darauf vertrauen, dass Jesus sich auch für die jetzige Situation hingegeben hat und dafür gelitten hat. Gott, zeige uns, was jetzt wirklich trägt und weiterbringt. Erlöse uns von dem, was uns ängstigt, einengt und und gegen Dich und unsere Mitmenschen aufbringt. Zeig, das das nicht „notwendig“ ist, sondern dass wir mutig Deinen Weg in Christus gehen dürfen!“
Denken Sie heute gerne einmal in Ruhe nach: Wo sind Neubewertungen und Neuanfänge für Sie dran? Was verändert Jesus in ihrem Denken? Was wollen Sie tun und was wollen Sie lassen? Und schon sind Sie mitten drin in den Kerngedanken der Passionszeit.
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