Quasimodogeniti

Quasimodogeniti

… was für ein Name für diesen heutigen Sonntag. Warum nennt man ihn nicht einfach „1. Sonntag nach Ostern“? Wäre doch einfacher, oder?

Ich finde es ganz wichtig, dass manche Sonntag so besondere Namen haben. So erinnern sie mich an wichtige Aspekte des Christseins. Und wenn ich nichts mit dem jeweiligen Namen anfangen kann, dann ist es ja umso mehr ein Grund, mal nachzulesen und nachzudenken.

„Quasimodogeniti“ stammt aus dem Lateinischen. Es bezieht sich auf den Bibelvers  1. Petrus 2,2: „Seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein [Anm.: „quasi modo geniti infantes“ = nach Art der geborenen Kinder], auf dass ihr durch sie wachset zum Heil.“ 

Es war in der alten Kirche üblich, dass neu bekehrte Christen in der Osternacht getauft wurden. Der Sonntag nach Ostern war also der erste Gottesdienst, den sie als „wiedergeborene Christen“ erlebten. Sie und die ganze Gemeinde wurden in diesem Gottesdienst daran erinnert, wie das mit dem Christsein so geht.

Es lohnt sich, den ganzen Abschnitt des  1.Petrusbriefes mal zu lesen: 1. Petrus 2,1-10.
Sehr grundsätzliche Dinge beschreibt Petrus dort. In Vers 2 z.B.:

  • Als Christ bist Du ein Kind Gottes! 
    Meistens wollen Kinder ja lieber groß sein. Und manche Erwachsene belächeln milde manch kindliches Verhalten. Auch im christlichen Glauben meint manch einer, man könne sich so eine Art „Karriereleiter“ emporarbeiten.
    Wenn Jesus uns einlädt, den himmlischen Vater anzubeten und ihn mit ihm zusammen ganz vertraut „Abba“=Papa zu nennen, dann merke ich: Kind Gottes sein ist das höchste Ziel. Ich bin ein Kind Gottes und will es bleiben. Nichts größeres kann ich mir vorstellen.
  • Als Christ kannst und wirst Du wachsen!
    Es ist ein kindliches Privileg, nicht fertig sein zu müssen. Ich darf und kann dazulernen. Ich werde mich entwickeln. Ich darf Fehler machen und aus ihnen klug werden. Ich darf Perspektive haben.
    Manchmal begegnen mir „alte Hasen“ im Glauben, die auch mal zeigen, dass sie so manches schon erkannt, verstanden und begriffen haben im Glauben. Nichts gegen eine langjährige Glaubenserfahrung – aber ich selbst entdecke mit jedem Tag meines Christseins immer wieder, dass ich alles andere als fertig bin. Ich bin wahrlich nicht am Ziel! Ich bin unterwegs. Ich strecke mich danach aus und möchte dorthin wachsen. Warum? Nicht weil ich es irgendwie begriffen habe, sondern weil ich von Christus ergriffen bin! (vgl. Phil 3,12-14)
    Wachsen ist ein Kennzeichen des Lebens. Wenn ich in Christus lebe, dann werde ich nicht stillstehen, sondern wachsen – unterwegs sein und unterwegs bleiben.
  • Als Christ benötigst Du ein grundlegendes Lebensmittel: Das Evangelium.
    „Die Milch macht’s“. Ich erinnere mich an einen alten Werbespot, der Kindern und Erwachsenen vermitteln sollte, wie wertvoll Milch ist. Jedem Ernährungsexperten ist klar, dass eine reine Ernährung mit Milchprodukten viel zu einseitig und ungesund wäre. Und doch: Sie ist ein Grundnahrungsmittel aller Zeiten und aller Kulturen.
    Ja, im Neuen Testament ist neben Milch auch die Rede von „fester Speise“ für Christen, die im Glauben bereits erfahren sind. (z.B. 1Kor 3,2; Hebr 5,12-14) Keine Frage: Körper und Geist verlangen auch nach anderen „Nährstoffen“. Und doch bleibt es dabei: Die Grundnahrung des Glaubens ist die „vernünftige, lautere Milch“ des Evangeliums. Diese „lässt zum Heil wachsen“.

Ob ich nun ganz neu im Glauben bin oder schon lange dabei: An diesem Sonntag will ich mich sehr, sehr gerne und bewusst daran erinnern lassen, was der eigentliche Grund meines Lebens und Glaubens ist: Jesus Christus, Gottes Sohn, am Kreuz gestorben und auferstanden – für mich!
Klar mag ich auch mal das viel gerühmte „geistliche Schwarzbrot“. Unbedingt freue ich mich über viel geistliche Frucht und Ertrag in meinem Leben. Wein und Brot, als Leib und Blut Christi im Mahl, möchte ich noch viel öfter annehmen und teilen.  Doch von Herzen und offen stehe ich auch dazu: Ich bin und bleibe gerne ein geistlicher „Milchbubi“  😉 – angewiesen auf das Evangelium. Immer wieder. Wie ein neu geborenes Kindlein… Quasimodogeniti…

 

 

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