Sehnsucht nach Vergebung

Sehnsucht nach Vergebung

Ist Ihnen das auch aufgefallen – ganz schnell nach den ersten Nachrichten zu Corona:
Kaum realisierte man den Ernst der Lage, schon wurde nach dem Schuldigen gefragt.
Und immer noch wabern Vermutungen und Vorwürfe durch die Schlagzeilen.

  • Wer hat das Virus entwickelt? Wozu eigentlich? Das waren doch bestimmt die…
  • Haben die Verantwortlichen nicht deutlich zu spät reagiert? Hätte man nicht viel früher…?
  • Und dann die wirtschaftliche Entwicklung – ein Chaos! Schuld daran ist nur….

Natürlich ist es wichtig, Ursachen und Gründe zu erforschen. Und richtig: Wer jetzt irgendwie handelt und reagiert, muss dies auch in Verantwortung tun. Und ja, es wurden mit Sicherheit auch Fehler gemacht. Ohne Frage! Das ist nicht wegzureden.

Doch ich erschrecke auch darüber, wie schnell auch ich als Mensch damit bin, die Schuld von mir weg auf andere zu lenken. Hauptsache ich bin nicht Schuld. Hauptsache ich finde einen anderen mit „mehr Schuld“. Hauptsache da ist ein Sündenbock, auf den ich zeigen kann. Ich will Schuld loswerden, wegweisen von mir.

Dahinter steckt eine tiefe Sehnsucht des Menschen nach „Reinheit“, nach Unbescholtenheit, nach der „weißen Weste“ und Freiheit von Scham. Weg mit der Schuld.

Es ist also letztlich eine Sehnsucht nach Vergebung.

Die Geschichte Gottes mit dem Menschen ist auch eine Geschichte der Schuld, bzw. des Umgangs damit. Schon von Anfang an, im Alten Testament, wissen die Menschen um die Last von Schuld. Auch Gott weiß darum. Und weil die Menschen unter der Schuld zugrunde gehen, will Gott sie ihnen nehmen. Da wird z.B. in einem religiösen Ritual der „Sündenbock“ in die Wüste geschickt. Da hüllt man sich in Sack und Asche und tut Buße. Da gibt es Schuldopfer, die Schuld sühnen sollen. Und, und, und…
Aber das funktioniert alles irgendwie nicht. Schuld wird hin und her geschoben… aber sie kommt nicht wirklich aus der Welt. Sie fällt einem wieder vor die Füße.

Auch der Psalmbeter sehnt sich danach, Schuld los zu werden. Lesen Sie z.B. den Psalm 51: Gott sei mir gnädig nach Deiner Güte und tilge meine Sünden nach deiner großen Barmherzigkeit… 

Gott hat eine Antwort auf die Sehnsucht nach Vergebung: Gnade!

Wenn Menschen die Schuld nur von sich wegschieben, weiß Gott den Weg, sie aus der Welt zu schaffen: Er durchbricht den gnadenlosen Teufelskreis ohne Vergebung und sagt: Ich nehme die Schuld auf mich. Dafür stirbt er in Jesus Christus am Kreuz!
Unverdient, ohne Gegenleistung, ohne Vorbedingung werde ich da meine Schuld los, weile er sagt, ich trage sie. Das ist seine Gnade! Göttliche Gnade!

Wie großartig wäre es, wenn diese Vergebung aus Gnade nun mein Leben nachhaltig bestimmt und prägt! Das ist leider kein Selbstläufer. Viel zu oft ticke ich noch ungnädig.

Vielleicht fange ich mal in der ganzen Corona-Krise damit an, das zu üben. Ich verzichte auf die Schuldzuweisungen nach links oder rechts. Vielleicht verstehe ich ja, dass es jetzt darauf ankommt, bewusst um Gnade zu bitten, anstatt anderen Vorwürfe zu machen und irgendwem irgendwelche Schuld zuzuschieben.

Ich sehne mich nach einer Zeit, die von Vergebung und Gnade bestimmt ist, wie der Beter von Psalm 51:

Schaffe in mir Gott ein reines Herz und gib mir einen neuen, beständigen Geist.

… und nicht ein Herz, dass verbittert und gnadenlos auf sich und andere schaut.

Verwirf mich nicht vor deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir.

… damit Deine Gnade bleibend in meinem Sein und Handeln wirkt

Erfreue mich wieder mit deiner Hilfe, und mit einem willigen Geist rüste mich aus.

… denn ich bin auf Dich angewiesen – wieder und wieder – stets muss ich neu Deine Gnade empfangen.

Herr, tue meine Lippen auf, dass mein Mund deinen Ruhm verkünde.

… und ich nicht ungnädig und voller Schuldzuweisung, Ungnade und Zorn auf andere schimpfen. Meine Reden soll Dir Ehre geben!

Gott sei mir gnädig nach deiner Güte.

 

 

Alle Bibelzitate aus Ps 51 nach Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart