Der heutige zweite Sonntag nach Ostern nennt sich „Misericordias Domini“ = „Die Güte des Herrn. Er wird aber auch „Hirtensonntag“ genannt.
In den biblischen Texten der Gottesdienste geht es um das fast zeitlose Bild vom Hirten und seinen Schafen. Natürlich war das Hirtenleben der Antike anders, als es heute ist. Und in der Schafhaltung hat man auch andere Methoden entwickelt. Und doch verstehe ich immer noch viel von dem, was Jesus meint, wenn er sagt:
Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.
Diese Sätze aus dem Johannesevangelium (Joh 10,11a.27-28a) werden zum Wochenspruch für diese Woche zusammengefasst. Sie beschreiben, worauf es in dem christlichen Hirtenbild im Kern ankommt.
- „Ich bin der gute Hirte“
Jesus ist der Hirte. Er selbst, der Sohn Gottes, ist sich nicht zu schade oder zu fein als Hirte bei seiner Herd zu sein. Ihm geht es nicht um den Ertrag an Wolle oder um einen Erlös aus dem Schafhandel, sondern sein Leben gilt seinen Schafen. Er ist nicht nur ein Lohnarbeiter in der Viehwirtschaft oder ein Hobby-Schäfer. Nein, er ist Hirte aus höchster Berufung und Leidenschaft!Allzu oft wird das Bild des Hirten auch in unseren Gemeinden sehr frei interpretiert. Wer sich z.B. „Pastor“ nennt, bezeichnet sich damit auch als Hirte. Manche Gemeindeleitung „weidet und hütet“ ihre Herde, die Gemeindeglieder. Ich habe schon zahlreiche Auslegungen gehört, in denen das Hirten- und Herdenbild dann bis hin zu Weidezäunen, Hirtenhunden, Leithammeln und Mutterschafen ausgeschmückt wurde. Oft gut gemeint, aber doch meist sehr vermenschlicht wiedergegeben
.Jesus betont zunächst einmal deutlich: ER ist der gute Hirte. IHM gilt es zu folgen. ER ist Herr der Herde. Auf IHN kommt es – Gott sei Dank – an. Das nehme ich heute erst einmal ganz bewusst wahr! - „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir.“
Die Schafe in Jesu Herde sind kein unbedeutendes Herdenvieh, keine Nutztiere mit irgendeiner fortlaufenden Nummer. Ein nahes, bewusstes, persönliches Verhältnis verbindet sie mit dem Hirten. Er kennt Sie. Sie kennen ihn und seine Stimme. Sie trotten nicht im Herdentrieb blind drauf los, sondern vertrauen ganz bewusst seiner Leitung.Als Christen sind wir nicht irgendwelche anonymen Nummern oder getriebene Herdenwesen. Wir sind jeder auf einzigartige und wunderbare Weise von Gott gesehen und geliebt. Wir kennen den guten Hirten, Jesus, ganz persönlich und hören auf sein Reden und sein Wort.
Auch das will ich heute an diesem Sonntag ganz bewusst tun: Auf Jesus hören. Wo führt und sendet er mich heute und jetzt hin? Ich will ihm voller Vertrauen folgen.
- „Ich gebe ihnen das ewige Leben“
Als Schaf in der Herde dieses Hirten habe ich vielleicht sogar meine eigenen Vorstellungen und Ideen, was der Hirte mir zu geben hat und was nicht. Möglichst saftige Weidegründe, bitte. Nicht zu holprige, steile und gefährliche Wegstrecken. Möglichst passende und nette Mit-Schafe in meiner ansehnlichen und wohlgenährten Herde, hätte ich dann auch noch gerne…Vieles davon habe ich tatsächlich! Es ist schön, wenn ich dies in meinem Leben finden und genießen darf. Doch der wahre Einsatz des guten Hirten hat ein anderes Ziel: Er gibt sein Leben für seine Schafe, damit diese das ewige Leben haben. Es geht nicht um ein einigermaßen annehmliches und gelingendes Leben. Die eigentliche Güte des Hirten zeigt sich in einem letztendlich vollkommen erfüllten Leben in wahrem Frieden des ewigen Gottes.
Das schenkt Jesus! Schon jetzt, hier und heute. Sogar mir ausgewachsenem Schaf!
Übrigens: Der eigentliche Name des Sonntags „Misericordias Domini“ ist auf die lateinische Übersetzung des Verses Psalm 33,5 zurückzuführen. „Die Erde ist voll der Güte des Herrn.“ Ein guter Hirte – DER GUTE HIRTE – weidet, leitet, schützt und hütet seine Schafe. Selbst im finsteren Tal einer Corona-Krise!
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