Tag der Arbeit 5 – Dranbleiben!

Tag der Arbeit 5 – Dranbleiben!

Erschrocken blicke ich die Mitarbeiterin an. „Tut mir Leid,“ sagt sie, „ich lege alle meine Aufgaben nieder. Meine Therapeutin hat mir dringlichst dazu geraten, sonst komme ich nie zur Ruhe.“ So, oder so ähnlich hat mir vor Jahren eine Mitarbeiterin in einem Gespräch mitgeteilt, dass sie die Leitung einer Gruppe, die Mitarbeit im Gottesdienst und das Engagement für die Senioren beendet. Sie kam gerade erst frisch von einem Klinikaufenthalt. Auch beruflich hat sie zur gleichen Zeit bewusst reduziert und ihre Leitungsstelle abgegeben.

Natürlich habe ich das sofort akzeptiert und unterstützt. Aber bis heute geben mir dieses Gespräch und diese Entdeckung sehr viel zu denken. Wenn sogar Mitarbeit in einer Gemeinde zur Last und zur zermürbenden Qual wird, dann läuft etwas falsch!
Ich kann doch nicht mit ansehen und dulden, dass Gemeinde, die eigentlich Menschen aufbauen sollte, diesen Menschen durch Strukturen, Abläufe und Forderungen schadet! Da stimmt doch etwas nicht…  ganz grundlegend nicht!

Natürlich gibt es Zeiten, in denen es auch in der Gemeinde richtig rund geht. Und ja, Stress und intensiver Einsatz können dabei auch richtig Spaß machen. Und natürlich kommen bei solchen Erschöpfungen immer viele Faktoren zusammen, niemals nur die Mitarbeit in der Gemeinde. Und trotzdem…  Haben wir in solchen Momenten vielleicht vergessen, dass Gemeinde eine ganz andere Grundlage hat? Sie gehört Gott, nicht uns. Er baut sie, nicht wir. Sie ist „Leib Christi“ und nicht unsere Organisation. Es geht zuallererst um Beziehungen, nicht zuvor um Programme. Wachsen, Blühen und Gedeihen sind Geschenke und keine Pflichten.

Ich wünsche mir dann Umkehr! Rückbesinnung oder Neubesinnung! Konzentration auf das den auf den, der Gemeindearbeit wirklich ausmacht!
Jesus sagt zu seinen Jüngern in Johannes 15, 1-8 unter anderem den Satz:

„Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“

 

Das sagt er nicht, um Druck aufzubauen und sie gefälligst noch zu intensiverem Dranbleiben zu drängen. Nach dem Motto: Man muss halt nur noch mehr arbeiten und mehr beten und mehr opfern und mehr Einsatz zeigen… dann klappt das schon mit Jesus und dem Glauben und der Gemeinde…   NEIN!!! So nicht!!!

Gemeinde und Glauben und Segen sind nicht von meiner Haltung und meinem Tun abhängig. Sie hängen ganz allein am wahren Weinstock, an Jesus Christus.
Dranbleiben heißt: Sich mehr und mehr halten lassen von dem, was Christus für uns tut.

 

In diesen Corona-Wochen habe ich mit einzelnen Mitarbeitern gesprochen, die sonst hoch engagiert in ihren Gemeinschaften unterwegs sind. Sie haben, bei allem Corona-Frust und allem Hoffen, dass alles gut geht und bald vorüber ist, auch gesagt: „Was wir zur Zeit genießen, ist, dass wir mal nicht jede Woche wieder und wieder in der Gemeinde rotieren und funktionieren müssen. Wir bekommen gerade so vieles auch einfach nur mal selbst „ins Haus“ geliefert – auch geistliche Nahrung.“
Nach den Wochen werden sie bestimmt wieder loslegen in der Mitarbeit! Gut so! Darüber freue ich mich und bin dankbar. Doch vielleicht lernen wir doch auch in diesen Wochen der Abhängigkeit dazu und werden, was unser Arbeiten angeht, klüger und gelassener, vertrauensvoller und abhängiger vom wahren Weinstock.

 

Alle Bibelzitate nach Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart