… und zu Tode betrübt.
Der heutige Sonntag heißt „Palmarum“ – Palmsonntag.
Der Name leitet sich ab von der in der Bibel berichteten Ankunft Jesu in Jerusalem. Wie ein König gefeiert kommt Jesus in der Stadt an, in der er wenige Tage später gefangen genommen, gequält, verurteilt und hingerichtet wird. Bei seiner Ankunft herrscht allerdings noch großer Jubel. Die Menschen nehmen Palmzweige zur Hand, schwenken sie triumphierend und streuen sie auf den Weg, den Jesus nimmt.
Daher der Name: „Palm“-Sonntag. Palmarum.
Die Palme galt damals als Symbol des Sieges und der Unabhängigkeit. In Jesus sahen die Menschen einen Retter, einen neuen König, der von Gott geschenkt aus dem Volk heraus erwachsen ist. Der kann es ja nun „denen da oben“ mal richtig zeigen, den aktuellen Herrschern und Machthabern. Das Volk war unzufrieden. Die Berichte über die Wundertaten Jesu und seine Predigten eilten ihm voraus. Der Gott Israels schickt also nun endlich den neuen Erlöser aus der aktuellen Krise.
Wenn Sie diese Szene einmal in Ruhe lesen (Johannes 12,12-19) und sie sich vor Ihrem inneren Auge ausmalen: Entdecken Sie auch die Widersprüche darin? Der bejubelte König reitet ein – aber auf einem Esel? Und inmitten der Menschenmenge befinden sich auch schon die Gegner Jesu, die dunkle Gedanken hegen.
Der, der dort einreitet, weiß, dass er seinem Tod entgegen reitet. Am Tag vorher hat ihn eine Frau gesalbt: (= heutiger Predigttext aus Mk 14,3-9) als Zeichen großer Würdigung! Dieses rituelle Zeichen tat man tatsächlich an Königen. Doch auch ein Leichnam wurde vor der Bestattung rituell eingesalbt. Genau so interpretiert Jesus selbst dieses Zeichen.
In den Tagen vor seiner Kreuzigung erlebt Jesus die Gegensätze menschlicher Launen und Erwartungen. Zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Die gleichen Kehlen die ihm vom Wegesrand jetzt zujubeln, schreien ein paar Tage später schon: „Kreuzige ihn“. Und genau diesen Weg nimmt Jesus bewusst und gezielt. Nicht Menschenmeinung bestimmt ihn, sondern seine Auftrag von Gott.
Wir erleben heute den dritten Sonntag der Ausgangsbeschränkungen in der COVID-19-Krise. Wir starten in die die Karwoche mit ihren tiefgründigen, schweren und gleichzeitig auch trostvollen Momenten. Und in acht Tagen werden wir fröhlich bekennen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden! Aber wie werden sich diese Tage äußerlich gestalten? Werde ich gemeinsam mit anderen Christen feiern können? Werde ich alleine jubeln müssen an Ostern?
Und dazu kommt noch: Bestimmt wird in diesen Tagen auch wieder tagtäglich eine neue Informations- und Nachrichtenlage über die Kanäle gehen. Mal ein Bericht über Hoffnungsschimmer und kleine Zeichen von Fürsorge und Nächstenliebe. Wunderbar! Dann aber auch wieder Statistiken über Infektionsanstieg und Sterbefälle. Herr, erbarme Dich! Und hoffentlich geschieht nichts in meinem direkten Umfeld…
Heute am Sonntag dürfen wir den „König in niederen Hüllen“ (EG 14) entdecken. Den Helfer und Retter, der auch im Wechselbad unserer Gefühle seinen Weg geht und sein Werk vollendet. In allem auf und ab bleibt er der Erlöser. Wir sehen den Sohn Gottes, der so viel mehr ist als jeder irdische König und gleichzeitig so anders, als wir ihn uns jemals einen solchen ausmalen würden. Ein König, der ins Leiden zieht… für uns!
Der Jubelruf der Menge enthält beides: „Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel!“ Ein Lob des Gottessohns! Und gleichzeitig „Hosianna!“ = „Herr hilf!“ ein Hilferuf in aktueller Not.
Jubeln Sie mit! Loben Sie Gott! Und gleichzeitig klagen Sie Gott ihre Sorgen und Nöte. Beides hat in ihrem heutigen – vielleicht auch nur persönlichem – Sonntagsgottesdienst Platz.
Mehr Impuls und Informationen zum heutigen Sonntag wieder unter www.kirchenjahr-evangelisch.de/ oder auch in der Sammlung der EKBO für Hausgottesdienste.