Der gute Hirte

Der heutige zweite Sonntag nach Ostern nennt sich „Misericordias Domini“ = „Die Güte des Herrn. Er wird aber auch „Hirtensonntag“ genannt.

In den biblischen Texten der Gottesdienste geht es um das fast zeitlose Bild vom Hirten und seinen Schafen. Natürlich war das Hirtenleben der Antike anders, als es heute ist. Und in der Schafhaltung hat man auch andere Methoden entwickelt. Und doch verstehe ich immer noch viel von dem, was Jesus meint, wenn er sagt:

Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.

Diese Sätze aus dem Johannesevangelium (Joh 10,11a.27-28a) werden zum Wochenspruch für diese Woche zusammengefasst. Sie beschreiben, worauf es in dem christlichen Hirtenbild im Kern ankommt.

  • Ich bin der gute Hirte“
    Jesus ist der Hirte. Er selbst, der Sohn Gottes, ist sich nicht zu schade oder zu fein als Hirte bei seiner Herd zu sein. Ihm geht es nicht um den Ertrag an Wolle oder um einen Erlös aus dem Schafhandel, sondern sein Leben gilt seinen Schafen. Er ist nicht nur ein Lohnarbeiter in der Viehwirtschaft oder ein Hobby-Schäfer. Nein, er ist Hirte aus höchster Berufung und Leidenschaft!

    Allzu oft wird das Bild des Hirten auch in unseren Gemeinden sehr frei interpretiert. Wer sich z.B. „Pastor“ nennt, bezeichnet sich damit auch als Hirte. Manche Gemeindeleitung „weidet und hütet“ ihre Herde, die Gemeindeglieder. Ich habe schon zahlreiche Auslegungen gehört, in denen das Hirten- und Herdenbild dann bis hin zu Weidezäunen, Hirtenhunden, Leithammeln und Mutterschafen ausgeschmückt wurde. Oft gut gemeint, aber doch meist sehr vermenschlicht wiedergegeben
    .Jesus betont zunächst einmal deutlich: ER ist der gute Hirte. IHM gilt es zu folgen. ER ist Herr der Herde. Auf IHN kommt es – Gott sei Dank – an. Das nehme ich heute erst einmal ganz bewusst wahr!

  • „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir.“
    Die Schafe in Jesu Herde sind kein unbedeutendes Herdenvieh, keine Nutztiere mit irgendeiner fortlaufenden Nummer. Ein nahes, bewusstes, persönliches Verhältnis verbindet sie mit dem Hirten. Er kennt Sie. Sie kennen ihn und seine Stimme. Sie trotten nicht im Herdentrieb blind drauf los, sondern vertrauen ganz bewusst seiner Leitung.

    Als Christen sind wir nicht irgendwelche anonymen Nummern oder getriebene Herdenwesen. Wir sind jeder auf einzigartige und wunderbare Weise von Gott gesehen und geliebt. Wir kennen den guten Hirten, Jesus, ganz persönlich und hören auf sein Reden und sein Wort.

    Auch das will ich heute an diesem Sonntag ganz bewusst tun: Auf Jesus hören. Wo führt und sendet er mich heute und jetzt hin? Ich will ihm voller Vertrauen folgen.

  • „Ich gebe ihnen das ewige Leben“
    Als Schaf in der Herde dieses Hirten habe ich vielleicht sogar meine eigenen Vorstellungen und Ideen, was der Hirte mir zu geben hat und was nicht. Möglichst saftige Weidegründe, bitte. Nicht zu holprige, steile und gefährliche Wegstrecken. Möglichst passende und nette Mit-Schafe in meiner ansehnlichen und wohlgenährten Herde, hätte ich dann auch noch gerne…

    Vieles davon habe ich tatsächlich! Es ist schön, wenn ich dies in meinem Leben finden und genießen darf.  Doch der wahre Einsatz des guten Hirten hat ein anderes Ziel: Er gibt sein Leben für seine Schafe, damit diese das ewige Leben haben. Es geht nicht um ein einigermaßen annehmliches und gelingendes Leben. Die eigentliche Güte des Hirten zeigt sich in einem letztendlich vollkommen erfüllten Leben in wahrem Frieden des ewigen Gottes.
    Das schenkt Jesus! Schon jetzt, hier und heute. Sogar mir ausgewachsenem Schaf!

Übrigens: Der eigentliche Name des Sonntags „Misericordias Domini“ ist auf die lateinische Übersetzung des Verses Psalm 33,5 zurückzuführen. „Die Erde ist voll der Güte des Herrn.“ Ein guter Hirte – DER GUTE HIRTE – weidet, leitet, schützt und hütet seine Schafe. Selbst im finsteren Tal einer Corona-Krise!

Alle Bibelzitate nach Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Sehnsucht nach Vergebung

Ist Ihnen das auch aufgefallen – ganz schnell nach den ersten Nachrichten zu Corona:
Kaum realisierte man den Ernst der Lage, schon wurde nach dem Schuldigen gefragt.
Und immer noch wabern Vermutungen und Vorwürfe durch die Schlagzeilen.

  • Wer hat das Virus entwickelt? Wozu eigentlich? Das waren doch bestimmt die…
  • Haben die Verantwortlichen nicht deutlich zu spät reagiert? Hätte man nicht viel früher…?
  • Und dann die wirtschaftliche Entwicklung – ein Chaos! Schuld daran ist nur….

Natürlich ist es wichtig, Ursachen und Gründe zu erforschen. Und richtig: Wer jetzt irgendwie handelt und reagiert, muss dies auch in Verantwortung tun. Und ja, es wurden mit Sicherheit auch Fehler gemacht. Ohne Frage! Das ist nicht wegzureden.

Doch ich erschrecke auch darüber, wie schnell auch ich als Mensch damit bin, die Schuld von mir weg auf andere zu lenken. Hauptsache ich bin nicht Schuld. Hauptsache ich finde einen anderen mit „mehr Schuld“. Hauptsache da ist ein Sündenbock, auf den ich zeigen kann. Ich will Schuld loswerden, wegweisen von mir.

Dahinter steckt eine tiefe Sehnsucht des Menschen nach „Reinheit“, nach Unbescholtenheit, nach der „weißen Weste“ und Freiheit von Scham. Weg mit der Schuld.

Es ist also letztlich eine Sehnsucht nach Vergebung.

Die Geschichte Gottes mit dem Menschen ist auch eine Geschichte der Schuld, bzw. des Umgangs damit. Schon von Anfang an, im Alten Testament, wissen die Menschen um die Last von Schuld. Auch Gott weiß darum. Und weil die Menschen unter der Schuld zugrunde gehen, will Gott sie ihnen nehmen. Da wird z.B. in einem religiösen Ritual der „Sündenbock“ in die Wüste geschickt. Da hüllt man sich in Sack und Asche und tut Buße. Da gibt es Schuldopfer, die Schuld sühnen sollen. Und, und, und…
Aber das funktioniert alles irgendwie nicht. Schuld wird hin und her geschoben… aber sie kommt nicht wirklich aus der Welt. Sie fällt einem wieder vor die Füße.

Auch der Psalmbeter sehnt sich danach, Schuld los zu werden. Lesen Sie z.B. den Psalm 51: Gott sei mir gnädig nach Deiner Güte und tilge meine Sünden nach deiner großen Barmherzigkeit… 

Gott hat eine Antwort auf die Sehnsucht nach Vergebung: Gnade!

Wenn Menschen die Schuld nur von sich wegschieben, weiß Gott den Weg, sie aus der Welt zu schaffen: Er durchbricht den gnadenlosen Teufelskreis ohne Vergebung und sagt: Ich nehme die Schuld auf mich. Dafür stirbt er in Jesus Christus am Kreuz!
Unverdient, ohne Gegenleistung, ohne Vorbedingung werde ich da meine Schuld los, weile er sagt, ich trage sie. Das ist seine Gnade! Göttliche Gnade!

Wie großartig wäre es, wenn diese Vergebung aus Gnade nun mein Leben nachhaltig bestimmt und prägt! Das ist leider kein Selbstläufer. Viel zu oft ticke ich noch ungnädig.

Vielleicht fange ich mal in der ganzen Corona-Krise damit an, das zu üben. Ich verzichte auf die Schuldzuweisungen nach links oder rechts. Vielleicht verstehe ich ja, dass es jetzt darauf ankommt, bewusst um Gnade zu bitten, anstatt anderen Vorwürfe zu machen und irgendwem irgendwelche Schuld zuzuschieben.

Ich sehne mich nach einer Zeit, die von Vergebung und Gnade bestimmt ist, wie der Beter von Psalm 51:

Schaffe in mir Gott ein reines Herz und gib mir einen neuen, beständigen Geist.

… und nicht ein Herz, dass verbittert und gnadenlos auf sich und andere schaut.

Verwirf mich nicht vor deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir.

… damit Deine Gnade bleibend in meinem Sein und Handeln wirkt

Erfreue mich wieder mit deiner Hilfe, und mit einem willigen Geist rüste mich aus.

… denn ich bin auf Dich angewiesen – wieder und wieder – stets muss ich neu Deine Gnade empfangen.

Herr, tue meine Lippen auf, dass mein Mund deinen Ruhm verkünde.

… und ich nicht ungnädig und voller Schuldzuweisung, Ungnade und Zorn auf andere schimpfen. Meine Reden soll Dir Ehre geben!

Gott sei mir gnädig nach deiner Güte.

 

 

Alle Bibelzitate aus Ps 51 nach Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Sehnsucht nach Gemeinschaft

Gespräch, Begegnung, Nähe, Vertrautheit!
Mein Gegenüber sehen und seine Ausstrahlung spüren.
Gestik und Mimik wahrnehmen. Auch mal eine Berührung…

In diesen Zeiten der „sozialen Distanz“ wächst in mir spürbar die Sehnsucht nach Gemeinschaft und Nähe. In meinem direkten familiären Umfeld finde ich das. Aber was ist mit meinen Freunden und Bekannten. Was ist mit den Anderen in der Gemeinde? Was ist mit den entspannten Begegnungen in Verein und Nachbarschaft? Und selbst auf der Arbeit fällt vieles leichter, wenn man beieinander sitzt.

Sehnsucht nach Gemeinschaft.

„Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.“ steht in 1. Mose 2,18.
Schon in dieser Urgeschichte des menschlichen Seins wird festgestellt: Der Mensch braucht Gemeinschaft. Das gilt nicht nur der Zweisamkeit von Mann und Frau, sondern generell: Der Mensch ist ein ausgesprochenes Beziehungswesen. Er ist ein soziales Wesen, auf Dialog in Anrede und Antwort angelegt, auf Gegenüber und Ergänzung angewiesen…

Ich bin dankbar, dass die heutige Technik so gute Möglichkeiten bietet, wie Telefonate, Videokonferenzen und Messenger. Das nutze ich zur Zeit ausgiebig. Und doch fehlt mir dabei etwas.

Wieder ein Blick in die Psalmen. Wieder Entdeckung eines Beters, der ich mich anschließen will in meiner Sehnsucht nach Gemeinschaft: (gekürzt, nach Psalm 133)

Seht, wie gut es ist und wie wohltuend, wenn Menschen beisammen wohnen – als wären sie Bruder und Schwester.

Es ist so wohltuend wie köstliches Salböl.

Es ist so wohltuend wie der Tau. Seine Frische benetzt die Berge.

Ja, dort schenkt der Herr seinen Segen:
Er verheißt Leben bis in alle Zukunft.

 

Nach diesem Segen sehne ich mich. Wohltuend ist es, wo „Geschwister“ zusammen sind, Brüder und Schwestern aus der Familie Gottes. Diesem sehnsuchtsvollen Gebet möchte ich mich anschließen. Schenke uns bald wieder solche Gemeinschaft, Herr.

Es zeichnet sich ab, dass bald wieder Gottesdienste im kleinen Rahmen stattfinden können, auch ohne Webcam dazwischen.
Bis dahin kann ich aber bewusst auch die Begegnung mit einer anderen Christin oder einem Christen suchen. Wie wäre es mit einem kleinen Gebetsspaziergang am Wochenende? 1,5 Meter Abstand, aber klar doch. Und doch Nähe und Gemeinschaft auf dem Weg und im Gebet.

 

Psalmzitate nach BasisBibel. Neues Testament und Psalmen, © 2012 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Sehnsucht nach Geborgenheit

Eine Sehnsucht, die mir in diesen Tagen immer wieder begegnet ist die Sehnsucht nach Geborgenheit. Menschen sehnen sich nach Schutz und Sicherheit.

Fast klingt das widersinnig. Viele von uns sind je derzeit meistens zu Hause im Schutz der eigenen vier Wände. Doch das erfüllt die Sehnsucht nicht wirklich. Das bietet nur eine unzureichende Zuflucht.

Draußen herrscht nämlich diese „unsichtbare Gefahr“, der Coronavirus. Er bringt alles durcheinander und bedroht unsere Gesundheit, unser Leben,  unsere Wirtschaft, unseren Frieden und unsere Routinen und Abläufe. Ach, wenn wir das doch endlich im Griff hätten…  Ich sehne mich nach der Geborgenheit und Sicherheit ohne diese Bedrohungen.

In den Psalmen formulieren Menschen ganz oft Ihre Sehnsüchte. Sie geben ihnen Worte und sprechen sie aus. Sie teilen sie mit anderen Menschen. Und sie rufen sie zu Gott, in der Hoffnung und Überzeugung, dass er sich ihrer annimmt.
Ich kann also in diesem Abschnitt der Bibel auch Worte finden, in die ich meine Sehnsüchte mit hineinlegen kann. Zum Beispiel in Psalm 62,2f:

Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft. Denn er ist mein Fels, meine Hilfe, mein Schutz, dass ich gewiss nicht wanken werde.

Das will ich heute zu meinem Gebet machen. Darin will ich Ruhe und Geborgenheit suchen. Ich vertraue darauf, dass Gott mir diese Hilfe schenkt.

Herzlich lade ich Sie ein, dies auch zu tun. Suchen Sie sich einen ruhigen und gewohnten  Ort, am dem Sie sich schon so einmal per se sicher und geborgen fühlen. Beten Sie diesen oben genannten Vers. Gerne auch wiederholt, laut oder leise. Und lassen Sie sich von Gott mit Ruhe und Geborgenheit beschenken.

 

 

Alle Bibelzitate nach Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Maskenpflicht (Teil 3)

Das Tragen von Masken wird aktuell dringend empfohlen. An manchen Orten herrscht sogar Maskenpflicht.

Habe ich eigentlich nur jetzt eine Maske auf? Trage ich nicht sonst auch Masken? Manche doch auch zurecht, oder? Wann und Warum tue ich das?

Es gibt Masken, die gehören zu manchen Tätigkeiten dazu. Die Feuerwehr braucht Atemmasken. Den Schweißer schützt eine Maske. Und es gibt auch hin und wieder Sportarten, bei denen eine Maske das Gesicht bedeckt. Schutz ist hier der Hauptgrund der Maskierung. Das passt ja auch zu Corona.

Masken signalisieren desweiteren eine Rolle. Schon im antiken Theater trugen Schauspieler Masken und das Publikum konnte Handlung und Charakter direkt verstehen. Sehe ich einem Menschen in Clownsmaske, ordne ich ihn direkt als Spaßmacher ein. Masken haben eine Signalwirkung: „Ich nehme eine Rolle ein…“  Das kann durchaus hilfreich und positiv sein.

Doch Masken haben haben eine weitere, sehr wesentliche Funktion. Sie verhüllen etwas. Sie verbergen die Identität ihres Trägers. Fast alle Superhelden in Kino oder Comic tragen Masken. Keiner soll wissen, wer dahinter steckt. Zum Verbrechen gehört meistens eine Maske. Sie verbirgt den Menschen. Und selbst im Theater verstecken Masken den Menschen hinter der Rolle. Masken verbergen den Menschen dahinter.

Masken haben verschiedenste Funktionen. Nicht immer sind Masken schlecht. Doch unter Umständen gewinnt eine Maske Macht über ihren Träger. Manchmal schadet eine Maske mehr, als sie hilft. Oft wächst dann Angst, die mich hindert, meine Maskerade fallen zu lassen. Angst, nicht den Erwartungen zu entsprechen, Angst, ungeschützt mein wahres Gesicht, mein wahres Ich, zu zeigen. Angst, meine Rolle nicht mehr ausfüllen zu können…

Die „Mund-Nase-Maske“ der Corona-Zeit kann ich leicht ablegen. Bei den eigenen, persönlichen „Alltagsmasken“ ist das nicht immer so leicht. Doch kann mir dabei vielleicht die Einsicht helfen, dass sich unter der Maske, die ich trage, ein wunderbarer, von Gott geliebter und wertvoller Mensch verbirgt. Mit allen Ecken und Kanten, mit allen Fehlern und Enttäuschungen…  Es ändert nichts daran: Gott kennt mich und Gott liebt mich! Ich bin ihm unendlich viel Wert. Und wenn ich meine Masken vor ihm ablege, dann zeigt er mir das umso mehr.

Ich darf entdecken und feststellen:  „Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.“ Psalm 139,14 

Das hilft mir bestimmt auch, manch unnötige „Alltagsmaske“ mal fallen zu lassen.

Maskenpflicht? Was Corona angeht: Ja, vorübergehend! Was mein Leben angeht: Muss nicht sein! Ich darf Gesicht zeigen, als wunderbares Werk Gottes.

 

Alle Bibelzitate nach Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Quasimodogeniti

… was für ein Name für diesen heutigen Sonntag. Warum nennt man ihn nicht einfach „1. Sonntag nach Ostern“? Wäre doch einfacher, oder?

Ich finde es ganz wichtig, dass manche Sonntag so besondere Namen haben. So erinnern sie mich an wichtige Aspekte des Christseins. Und wenn ich nichts mit dem jeweiligen Namen anfangen kann, dann ist es ja umso mehr ein Grund, mal nachzulesen und nachzudenken.

„Quasimodogeniti“ stammt aus dem Lateinischen. Es bezieht sich auf den Bibelvers  1. Petrus 2,2: „Seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein [Anm.: „quasi modo geniti infantes“ = nach Art der geborenen Kinder], auf dass ihr durch sie wachset zum Heil.“ 

Es war in der alten Kirche üblich, dass neu bekehrte Christen in der Osternacht getauft wurden. Der Sonntag nach Ostern war also der erste Gottesdienst, den sie als „wiedergeborene Christen“ erlebten. Sie und die ganze Gemeinde wurden in diesem Gottesdienst daran erinnert, wie das mit dem Christsein so geht.

Es lohnt sich, den ganzen Abschnitt des  1.Petrusbriefes mal zu lesen: 1. Petrus 2,1-10.
Sehr grundsätzliche Dinge beschreibt Petrus dort. In Vers 2 z.B.:

  • Als Christ bist Du ein Kind Gottes! 
    Meistens wollen Kinder ja lieber groß sein. Und manche Erwachsene belächeln milde manch kindliches Verhalten. Auch im christlichen Glauben meint manch einer, man könne sich so eine Art „Karriereleiter“ emporarbeiten.
    Wenn Jesus uns einlädt, den himmlischen Vater anzubeten und ihn mit ihm zusammen ganz vertraut „Abba“=Papa zu nennen, dann merke ich: Kind Gottes sein ist das höchste Ziel. Ich bin ein Kind Gottes und will es bleiben. Nichts größeres kann ich mir vorstellen.
  • Als Christ kannst und wirst Du wachsen!
    Es ist ein kindliches Privileg, nicht fertig sein zu müssen. Ich darf und kann dazulernen. Ich werde mich entwickeln. Ich darf Fehler machen und aus ihnen klug werden. Ich darf Perspektive haben.
    Manchmal begegnen mir „alte Hasen“ im Glauben, die auch mal zeigen, dass sie so manches schon erkannt, verstanden und begriffen haben im Glauben. Nichts gegen eine langjährige Glaubenserfahrung – aber ich selbst entdecke mit jedem Tag meines Christseins immer wieder, dass ich alles andere als fertig bin. Ich bin wahrlich nicht am Ziel! Ich bin unterwegs. Ich strecke mich danach aus und möchte dorthin wachsen. Warum? Nicht weil ich es irgendwie begriffen habe, sondern weil ich von Christus ergriffen bin! (vgl. Phil 3,12-14)
    Wachsen ist ein Kennzeichen des Lebens. Wenn ich in Christus lebe, dann werde ich nicht stillstehen, sondern wachsen – unterwegs sein und unterwegs bleiben.
  • Als Christ benötigst Du ein grundlegendes Lebensmittel: Das Evangelium.
    „Die Milch macht’s“. Ich erinnere mich an einen alten Werbespot, der Kindern und Erwachsenen vermitteln sollte, wie wertvoll Milch ist. Jedem Ernährungsexperten ist klar, dass eine reine Ernährung mit Milchprodukten viel zu einseitig und ungesund wäre. Und doch: Sie ist ein Grundnahrungsmittel aller Zeiten und aller Kulturen.
    Ja, im Neuen Testament ist neben Milch auch die Rede von „fester Speise“ für Christen, die im Glauben bereits erfahren sind. (z.B. 1Kor 3,2; Hebr 5,12-14) Keine Frage: Körper und Geist verlangen auch nach anderen „Nährstoffen“. Und doch bleibt es dabei: Die Grundnahrung des Glaubens ist die „vernünftige, lautere Milch“ des Evangeliums. Diese „lässt zum Heil wachsen“.

Ob ich nun ganz neu im Glauben bin oder schon lange dabei: An diesem Sonntag will ich mich sehr, sehr gerne und bewusst daran erinnern lassen, was der eigentliche Grund meines Lebens und Glaubens ist: Jesus Christus, Gottes Sohn, am Kreuz gestorben und auferstanden – für mich!
Klar mag ich auch mal das viel gerühmte „geistliche Schwarzbrot“. Unbedingt freue ich mich über viel geistliche Frucht und Ertrag in meinem Leben. Wein und Brot, als Leib und Blut Christi im Mahl, möchte ich noch viel öfter annehmen und teilen.  Doch von Herzen und offen stehe ich auch dazu: Ich bin und bleibe gerne ein geistlicher „Milchbubi“  😉 – angewiesen auf das Evangelium. Immer wieder. Wie ein neu geborenes Kindlein… Quasimodogeniti…

 

 

Alle Bibelzitate nach Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Maskenpflicht (Teil 2)

Ob Gott wohl auch eine Maske trägt?

Nette Vorstellung, oder?
Vielleicht aber sogar eine irrige und abwegige Vorstellung für Sie?
In der Bibel wird Gott an einigen Stellen tatsächlich sehr menschlich beschrieben: Er geht spazieren (Gen 3), er lacht (Ps 2), er pfeift (Jes 5,26). Natürlich ist dies eine bildhafte Sprache, die Gottes Handeln irgendwie verdeutlichen soll. Also darf man doch auch mal fragen, ob Gott eine „Schutzmaske“ aufziehen würde?

Die Antwort auf diese Frage: Ein klares Jein.

So menschlich manchmal unsere Vorstellungen von Gott sind, sie gehen ganz an seiner eigentlichen Erscheinung vorbei. Keiner kann das Antlitz, die Wahrheit, die Herrlichkeit Gottes direkt schauen. Das wird in der Bibel immer wieder betont. Gott zeigt sich nur „indirekt“. Man könnte bildhaft sagen: Gott trägt eine Schutzmaske, um uns zu schützen. Denn niemand würde ertragen können, Gott ein seiner Klarheit, Wahrheit und Ewigkeit zu sehen. Gott ist zu groß für mein Denken und Erkennen.

Und doch: Gott zeigt Gesicht!

Die ganze Geschichte Gottes mit dieser Welt ist aber eine Geschichte, in der Gott sich immer wieder zeigt. Einzelne Menschen erfahren immer immer wieder Gottes Nähe. In Zeichen und Taten wird er sichtbar. (z.B. Wolken- und Feuersäule, brennender Dornbusch,…). Mose redet von Angesicht zu Angesicht (2. Mose 33,11) mit ihm und im nächsten Moment sagt Gott ihm „Mein Angesicht kannst Du nicht sehen.“ (2. Mose 33,20) Jesaja hat in einer Vision einen Blick auf Gott und hält dies kaum aus „Weh mir, ich vergehe!“ (Jes 6,5) Und doch beruft dieser Gott Jesaja durch diese Vision zum Propheten. Es gibt durchaus ein paar Momente, in denen Gott mehr von sich zeigt. Doch diese Momente sind menschlich immer noch kaum zu erfassen und zu beschreiben.

Es ist ein beständiger und sehr guter Wunsch, dass Gott  auch im Alltag Gesicht zeigt. Dort, wo er segnet, spiegelt sich sein Angesicht wieder. Nicht Auge in Auge begegnet er mir dort, aber ich darf wissen: Er blickt mich freundlich an! Er leitet mich mit seinem Blick (Ps 32,8). Und er zeigt sich in Gnade und Frieden. (4. Mose 6,25f).

Es gibt allerdings den einen Moment der Gottesgeschichte, in dem Gott ganz deutlich und klar Gesicht zeigt! In Jesus von Nazareth lässt Gott alle Masken fallen und zeigt sein wahres Antlitz. Es ist nicht ein großes Wolkengesicht oder eine Art blitzender Supernova, sondern es ist ein menschliches Gesicht, in dem Gott sich zu erkennen gibt.
Hier zeigt er, wie er ist und was er beabsichtigt. Hier zeigt er seine absolute Nähe. Hier zeigt er, sein tiefstes Wesen. Dort kann ich ihn sehen und erkennen.

Jesus, der Wunder tut und Menschen heilt. Jesus, der selbst leidet und am Kreuz stirbt. Jesus, der die Grenze des Todes durchbricht und die Ewigkeit öffnet. So ist Gott!
Zugegeben: Für mein menschliches Denken immer noch zu hoch und zu viel. Aber für mein Glauben und Vertrauen genau richtig. Eines weiß ich: Wenn ich mit Jesus lebe, entdecke ich Gottes wahres Angesicht Tag für Tag neu. Und immer wieder staune ich mehr…

 

 

Alle Bibelzitate nach Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Maskenpflicht (Teil 1)

In der aktuellen Coronazeit spielen Schutzmasken eine große Rolle. Zuerst gab es zu wenig davon für den medizinischen Bereich. Lieferungen wurden abgefangen, umgeleitet oder verschwanden. An vielen Orten suchte man händeringend nach Masken.

In der Politik wird diskutiert und gerungen, ob denn eine Maskenpflicht durchsetzbar wäre. Einzelne Städte legen diese fest. Mittlerweile wird das Tragen von „Alltagsmasken“ im ÖPNV und beim Einkaufen dringend empfohlen.

Ja, ich werde dann wohl auch eine Maske anziehen. Keine medizinische Schutzmaske, aber eine von den selbst genähten Mund-Nase-Masken , die wir als Familie zu Ostern geschenkt bekommen haben. Das macht Sinn. Ich schütze dadurch auch andere Menschen um mich herum.
Doch schon jetzt weiß ich, dass dann einer der schönsten Momente im Alltag der sein wird, wenn ich die Maske dann wieder abnehmen kann. Ich kann wieder frei atmen. Ich kann Gesicht zeigen. Ich gebe mich wieder zu erkennen. Ich lege dieses Symbol der Vorsorge, Fürsorge – aber eben doch der Sorge – ab.

Vielleicht könnte ich genau diesen Moment jedes Mal zu einem kleinen Glaubensmoment werden lassen. Ein kleiner Gedanke reicht schon. Vielleicht könnte ich mir auch angewöhnen jedes Mal ein kleines Gebet zu sprechen, beim Abnehmen der Maske. Vielleicht könnte ich jedes Mal einen anderen der folgenden Aspekte aufnehmen:

  • Danke, himmlischer Vater, dass ich vor Dir alle meine Sorgen ablegen kann, wie diese Maske.
  • Danke, Herr, dass Du mich bewahrst und schützt – viel mehr als jede Maske es kann.
  • Bitte schütze alle Mitmenschen, denen ich gerade begegnet bin – mit oder ohne Maske.
  • Allmächtiger Gott, hilf, dass wir bald alle wieder frei und offen, ohne Maske unterwegs sein dürfen.
  • Danke, Gott, dass ich vor Dir keine Maske tragen muss, sondern dass Du mich siehst, kennst und liebst, wie ich bin.

Bestimmt fallen Ihnen noch eine Reihe anderer kurzer Gebet ein. Eigentlich könnte man jede selbstgemacht Maske mit einem kleinen Etikett versehen, auf dem ein kleines Gebet oder ein Segenswort steht. Leider kann ich zu schlecht nähen…   😉

Weiterdenken….

Eine der österlichen Feststellungen ist:

Es geht weiter!

Was auch jetzt, hier und heute mein Denken ausmacht, meine Hoffnungen trübt oder mein Gemüt bestimmen will… es hat nicht das letzte Wort!

In Gesellschaft und Politik wird derzeit über „Exit-Strategien“ aus dem Corona-„Shutdown“ diskutiert. Wir dürfen gespannt sein…

Allerdings kann ich doch auch meine eigene Exit-Strategie entwerfen!
Wie will ich aus den Wochen der Selbstbeschränkung und Konzentration auf das Wesentliche hervorgehen? Was will ich beibehalten? Was will ich unbedingt wieder neu anpacken? Was will ich erst gar nicht wieder aufnehmen?

Mein Tipp:
Beginnen Sie mit einer „To-Do-or-not-To-Do-Liste“! Schreiben Sie Einsichten, Ideen und Ziele auf, die Ihnen in diesen Wochen wichtig geworden sind. Nicht erst hinterher damit beginnen, sondern schon jetzt!

Beten Sie – reden Sie mit Gott darüber. Vielleicht auch mit einem anderen Menschen Ihres Vertrauens.
Seien Sie gespannt, wie er Sie durch diese Krise verändern kann…  Auch diese Krise ist eine Chance.

„Ja, du, HERR, bist meine Leuchte;
der HERR macht meine Finsternis licht.“ 2. Samuel 22,29

Alle Bibelzitate nach Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

Musikalischer Ostergruß

Liebe Geschwister,

ich sende euch einen kleinen musikalischen Gruß zur Osterzeit!

Die Technik macht es möglich, trotz des Kontaktverbots zusammen zu kommen und zu musizieren. Ich konnte meine Brüder sowie meine Verlobte dafür gewinnen. Wir spielen ein afrikanisches Traditional mit dem Text „Asante sana Yesu rochonie“. Frei übersetzt heißt es da: Danke Jesus, danke, du bist da. Du bist auferstanden!

Und weiter in den folgenden Strophen:

Kein Grab kann dich halten, Jesus, du bist stärker als der Tod!

Keiner kann uns ängsten, Jesus, du bist stärker als die Angst!

 

Nehmen wir doch insbesondere die letzte Strophe als Motto für diese ungewisse Zeit und besinnen uns immer wieder darauf, dass Jesus uns ein Fels und ein Halt in schweren Zeiten sein will!

Gottes Segen euch allen!

Der Herr ist auferstanden. Halleluja!

Musikreferent GWBB